Die zerstörungsfreie Prüfung (ZfP) ist aus solchen Bereichen unseres Lebens nicht mehr wegzudenken, in denen Schäden mit hohen Folgekosten oder Gefährdungen von Menschenleben entstehen können (Beispiele: Transportwesen, Energieerzeugung, Chemieindustrie). In der Praxis kann ein Prüfsystem an seine Grenzen geraten, z.B. bei kleinen Defekten. Defekte mit kritischer Größe werden möglicherweise nicht detektiert. Daher müssen probabilistische Bewertungsverfahren das Prüfsystem beschreiben. Es wird eine objektive Qualitätskennzahl gesucht, auf deren Basis die Anwendbarkeit der Prüfmethode definiert werden soll. Die Auffindwahrscheinlichkeit (engl. probability of detection - POD) erfüllt diese Anforderung. Die POD zeigt auf Basis des Zusammenhangs und der Streuung der Daten, ob das Verfahren für die Prüftätigkeit akzeptiert werden kann oder noch verbessert werden muss. Das ursprüngliche POD-Verfahren wurde für quasi eindimensionale Defekte in dünnen Luftfahrtbauteilen entwickelt. In der industriellen Realität ist diese Bewertung ein Balanceakt zwischen Statistik und Durchführbarkeit: Die Prüfung soll mit realen Defektdaten für die spätere Produktion des Bauteils (bzw. wiederkehrende Wartungsprüfung) bewertet werden. Doch die notwendige Gegenüberstellung zwischen Schliffdaten, für die Erfassung der wahren Defektgröße von räumlich ausgeprägten Defekten und dem Signal eines ZfP-Systems stellt sich als herausfordernde und kostenintensive Aufgabe heraus. Sowohl die Aufstellung eines gemeinsamen Koordiantensystems als auch die Beschreibung und Angleichung der Daten stellen eine notwendige Vorarbeit dar. In dieser Arbeit wird ein mögliches Vorgehen entwickelt, dass im Weiteren eingesetzt werden kann. Während in der Literatur zum Thema POD häufig die Begrenzung des Einsatzes einer eindimensionalen POD (POD mit einem Defektparameter) für reale Defekte bereits erkannt wurde, soll außerdem in dieser Arbeit das Verfahren auf der Signalseite umfassender erweitert werden, um die Einbeziehung realer Defekte in die POD-Bewertung zu ermöglichen.

Hierfür werden mit Hilfe dieser Arbeit zwei wesentliche Neuerungen in der POD-Bewertung eingeführt:

  1. Die Anzeigenfläche wird als wichtiges Indiz zur Detektion in die Bewertung eingeführt. Dabei zeigt der Ansatz einer Observer-POD, bei dem der Detektierbarkeit eines Defekts beschrieben wird, eine Möglichkeit in die Bewertung zu erweitern. Jedoch wird die notwendige Datenanzahl die für eine Observer-POD selten mit Experimenten erreicht. Daher schlagen wir die Einführung eines Glättungsalgorithmus vor, um auch auf der Basis von wenigen Daten die Flächenabhängigkeit zu erfassen. Der Algorithmus wird hierbei durch simulierte Daten auf seine Funktionsfähigkeit überprüft, bevor er auf reale Defekte angewendet wird. Gleichzeitig helfen die simulierten Daten einen Vergleich zu den vorhergegangenen Ansätzen zu ermöglichen.
  2. Darüber hinaus reichen die Daten der realen Defekte häufig nicht aus, um die statistische Forderung zu gewährleisten, so dass es notwendig, wird künstliche Defekte mit einzubeziehen. Deshalb sollen die vorhanden künstlichen Defekte in Form von Referenzdefekten mit einbezogen werden, um die statistische Grundlage zu erhöhen. Für die Prüfung von Referenzdefekten sind jedoch wichtige Einflussgrößen (z.B. Oberflächenrauhigkeit) nicht vorhanden. Wegen der unterschiedlichen Aussagekraft der Daten und zur Vermeidung einer zu optimistischen Abschätzung, ist eine einfache Mischung der Daten ausgeschlossen. Um realen Defekten eine Möglichkeit dafür zu schaffen, dass die Eigenschaften der realen Defekte angemessen auf das Ergebnis der Bewertung des Verfahrens Einfluss nehmen können, wird eine gewichtete Kombination der Defektdaten für die Bewertung vorgestellt. Das Vorgehen wird am Beispiel der radiographischen Prüfung einer elektronenstrahlgeschweißten Naht durchgeführt. Die Schweißnaht verbindet den Deckel zur Außenwand eines Kupferbehältern, der für die spätere Endlagerung von verbrauchten Brennstäben aus Kernkraftwerken entwickelt wurde. Die Messergebnisse stammen aus von der Firma Posiva Oy, dem zuständigen Unternehmen für die Endlagerung von verbrauchten Brennstäben aus Kernkraftwerken in Finnland. Hierbei stellt die POD-Bewertung ein wichtiges Element in der Gesamtrisikobewertung für das Endlagersystem dar.

Top